Geschichte und Entwicklung des Wellenbades in Schömberg


Schömberg war in den 50er und 60er Jahren zu einem der größten Kurorte Deutschlands herangewachsen. Das Kurangebot war ausschließlich auf die Behandlung der Tuberkulose ausgerichtet. Neben einer Vielzahl privater Sanatorien wurde als letztes großes Projekt 1961 das Sanatorium der Bundesbahnversicherung eingeweiht. Die Übernachtungszahlen erreichten 1961-62 mit ca. 840.000 einen Höhepunkt. Innerhalb von ca. 10 Jahren wurden Kapazitäten von ca. 500.000 Übenachtungen/Jahr aufgebaut. Durch den Fortschritt der medikamentösen Behandlung gingen aber schon seit Jahren die Neuerkrankungen der Tuberkulose stetig zurück und es war nur eine Frage der Zeit bis sich dies auch deutlich auf die Übernachtungszahlen Schömbergs auswirken würde. Zuerst langsam (ab 1963) dann immer schneller (ab 1967) gingen die Belegungszahlen der Häuser zurück. Viele Pensionen und Sanatorien mussten schließen und fanden teilweise nochmals für einigen Zeit eine Funktion als Alters- und Pflegeheime. Das war eine Entwicklung die den Verantwortlichen in Gemeindeverwaltung und Gemeinderat nicht gefiel.

Eine anzustrebende Zukunft für Schömberg und die vorhandenen Häuser und Kapazitäten sah man im Tourismus. Dies wollte man von der Gemeinde aus fördern und unterstützen und suchte hier nach Wegen. Diesen Weg sah man im Beispiel des Wellenbades in Ruhpolding. Mit einer derartigen Einrichtung glaubte man Schömberg mit seinen Kurheimen und Sanatorien hin zum allgemeinen Tourismus führen zu können.

Im Oktober 1971 fasste man unter Bürgermeister Brenner den Grundsatzbeschluss ein Wellenbad zu bauen. Die Kosten wurden auf 8 Mill. DM geschätzt. Die Standortfrage war noch offen. Anfang 1972 wurden die Grundstücke für das geplante Kurmittelhaus mit Wellenbad (man beachte die Formulierung) gekauft.

Auf der Bürgerversammlung im März 1972 unter Bürgermeister Brenner wird nochmals als Ziel die Umstrukturierung zum allgemeinen Erholungs- und Ferienort genannt. Aufgebaut wird auf den vorhandenen Einrichtungen wie Kurhaus, Minigolfplatz, Waldbewegungspfad, Skilift usw. Hauptstück dieser Umstrukturierung soll das neue Kurmittelhaus mit Wellenbad werden. Die Einrichtung soll kostendeckend betrieben werden und braucht dazu durchschnittlich 500 Besucher am Tag.

Im Juni 1974 wird der Bauauftrag für 9,35 Mill. DM vergeben. Im Oktober 1975 ist Richtfest und am 3. Dezember 1976 wird unter dem neuen Bürgermeister Brugger das Bad feierlich eingeweiht.



Entstanden ist eine Einrichtung die aus einem kleinen Kurmittelhaus und dem Wellenbad mit einem Aussenbecken besteht. Angebaut ist ein Restaurant mit Kegelbahn das separat betrieben und verpachtet wird. Von der Terrasse des Wellenbades führt eine kleine Rutsche zum tiefer liegenden Aussenbecken

Das Wellenbad ist vor allem für Familien aus Nah und Fern eine große Attraktion und zieht an manchen Tagen über 1000 Besucher an und erreicht Spitzenwerte von 240.000 Besucher im Jahr. Die Besuchzeiten sind am Anfang auf 3 Stunden begrenzt.



Das Bad ist der große Hoffnungsträger für die Gesamtgemeinde Schömberg als Kur- und Tourismusort. Welche Hoffnung damals auch noch in den Bereich Kur gesetzt wurde, kann man im Bau des Kurmittelhauses erkennen, das allerdings nicht lange Bestand hatte. Aber konnte man dadurch die Entwicklung der Kurheime und Sanatorien hin zu Alters- und Pflegeheimen aufhalten oder gar zurückdrehen? Heute wissen wir, dass das nicht möglich war.

1974 kam die Gemeindereform. In diese Ehe brachte Langenbrand einen florierenden Tourismus mit. Die Übernachtungszahlen lagen vor der Gemeindereform bei ca. 40.000 und damit höher als die des freien Fremdenverkehrs in Schömberg. Das dürfte wohl auch heute noch so sein. Die Übernachtungszahlen in Schömberg und damit natürlich auch die Einnahmen aus der Kurtaxe sind von 1972 bis 1974 dramatisch um jährlich 100.000 gefallen. Der Verlust in der Kurverwaltung stieg in den Jahren 1972 -73 von 57.000 DM auf 95.000 DM


Nach erfolgreichen Anfangsjahren des Wellenbades kamen die Jahre in denen der Wert des „Neuen“ und des „Einmaligen“ immer mehr verloren geht. Die Besucherzahlen gehen zurück. Die Attraktion des Bades muss gesteigert werden. Das geschieht 1984 durch den Bau einer großen Rutschbahn und dem Einbau eines Kinderplantschbeckens.

Doch auch in den Folgejahren fallen die Besucherzahlen weiter und die Betriebskosten steigen. Der jährliche Verlust wird immer größer. Vielfältige Überlegungen werden angestellt, so auch die Idee der Privatisierung des Bades.

1993/94 macht Heinz Steinhart Vorschläge und ein Angebot. Die von ihm vertretene Bäder-GmbH würde sogar mit eigenen Mitteln einsteigen. Der Gemeinderat kann sich nicht für eine Zusammenarbeit mit Steinhart entscheiden.


Dem Besucherrückgang versucht die Gemeinde immer wieder durch kleinere und größere Änderungen und Verbesserungen zu begegnen. So wird 1993 die Jahre zuvor im früheren Kurmittelhaus eingebaute Sauna modernisiert und 1996 das Restaurant in eine Cafeteria umgebaut und in den Badebetrieb integriert. Trotzdem sinken die Besucherzahlen immer mehr. Die Energiekosten steigen. Die Verluste werden immer größer und sind ein stetiges Thema des Gemeinderates. Auch in den 90er Jahren wird schon darüber diskutiert ob sich die Gemeinde Schömberg dieses Bad leisten kann und soll und ob der Nutzen noch in einem gesunden Verhältnis zu den Kosten steht. Die Besucherzahlen sind bis 2001 auf ca.130.000 Besucher/Jahr gefallen, dem man mit neuen Konzeptionen begegnen will.


In den Jahren 2001/2002 entschließt sicher der Schömberger Gemeinderat nochmals den Versuch zu wagen das Ruder herum zu reißen. Mit einer großen Investition von 2 Mill. € soll das Bad attraktiv gemacht werden um die Besucherzahlen wieder zu steigern. Ein weithin sichtbarer Leuchtturm als Startpunkt für die Rutschbahn soll die Besucher auf das Bad hinweisen. Das Kinderplantschbecken und die Liegeflächen werden deutlich vergrößert. Auch die Sauna wird aufgewertet. Man hofft, die Besucherzahlen wieder auf 190.000 je Jahr steigern zu können. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Bis 2006 sinken die Besucherzahlen weiter auf ca. 100.000. Die jährlichen Verluste steigen auf ca. 450.000 €.
Anfang 2006 wird es immer deutlicher, dass die Schließung des Wellenbades droht. Die Meinung der Schömberger Bevölkerung ist gespalten. In den Jahren zuvor hatte sich ein Förderverein gebildet der mit Aktionen, einer Unterschriftensammlung und Demonstratonen für die Erhaltung des Wellenbad kämpft.

In der Gemeinderatssitzung vom 25. Juli 2006 wird die Schließung des Bades auf Ende des Jahres beschlossen. Der Beschluss wird von allen Fraktionen mit großer Mehrheit getragen. Zugleich wird beschlossen eine andere, für die Gemeinde preisgünstigere Schwimmmöglichkeit für die Schömberger Bevölkerung zu schaffen.

In den Folgemonaten versucht die Gemeindeverwaltung Investoren und Betreiber auf privater Basis zu finden, so auch wieder mit Heinz Steinhart. Auch das scheitert, da in dessen Konzeption kein Raum mehr für ein Schwimmbad für die Schömberger Bevölkerung ist.

Im Februar 2007 ist Bürgermeisterwahl. Das Wellenbad ist eines der wichtigsten Themen. Nur eine der Kandidaten spricht sich im Wahlkampf gegen ein großes Badprojekt aus. Sie wird mit großer Mehrheit gewählt.

Das Objekt und das Problem Wellenbad besteht weiter. Im April 2008 beschließt der Gemeinderat Schömberg das Wellenbad in stark rückgebautem Zustand wieder zu eröffnen, wobei die Folgekosten für die Schömberger Bürger mit ca. 500.000 € je Jahr in gleicher Höhe bleiben würden wie vorher. Degegen bildet sich eine Bürgerinitiative die genügend Unterschriften für ein Bürgerbegehren sammelt.

Der Schömberger Gemeinderat nimmt darauf im Juni 2008 seinen Beschluss zurück, ist aber mehrheitlich immer noch der Meinung dass eine Badeeinrichtung für Schömberg unabdingbar ist.

Von der Verwaltung wird nun die Idee eines PPP-Projektes weiter verfolgt und dem Gemeinderat im Januar 2009 zum Beschluss vorgelegt. Angedacht ist eine Sauna- und Wellnesslandschaft mit kleinem Schwimmbecken. Dafür würde die Gemeinde wiederum bis zu 550.000 € je Jahr ausgeben. Dies wird vom Gemeinderat mehrheitlich so beschlossen.

Auch dagegen bildet sich wieder eine Bürgerinitiative die genügend Stimmen für ein Bürgerbegehren zusammenbringt. Die letzte Entscheidung liegt nun bei den Schömberger Bürgern bei der Wahl am 7. Juni 2009

April 2009 W. Obert


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