Barbara Schnurr

Das alte Pfarrhaus von Schömberg
Geschichte(n) um das Kleindenkmal : Türsturz des alten Pfarrhauses

Das alte, stattliche Pfarrhaus an der damaligen Hauptstraße – heute Hugo-Römpler-Straße- mitten im Zentrum Schömbergs wurde 1967 abgerissen. Es musste dem Neubau des Sanatoriums Schwarzwaldheim der BfA weichen. Das Gebäude im Besitz des Landes wurde zusammen mit dem alten Friedhof vom Land Baden- Württemberg an die BfA verkauft.


Foto ca. 1960: Pfarrhaus von Südosten mit Türsturz und Pfarrer Killguss (rechts das alte Schulhaus, abgebrochen)


Auf dem Türsturz über der Eingangstür zum Pfarrhaus ist heute noch die Jahreszahl 1767 zu lesen. Er ist als Kleindenkmal zusammen mit dem mittelalterlichen Steinkreuz auf der Südseite der evangelischen Ortskirche rechts neben dem Turmeingang aufgestellt.
Den Erhalt des Türsturzes verdanken wir dem heimatgeschichtlich interessierten Fronmeister, Karl Kugele. Er bewahrte den Stein nach dem Abriss des Pfarrhauses 1967 einige Jahre auf und übergab ihn dem 1990 gegründeten Heimat-und Geschichtsverein. Nach fachkundiger Restaurierung durch den Steinmetz Ulrich Bertsch, erhielt der Türsturz seinen neuen Platz.
Von dem vermeintlich 200 Jahre alten Pfarrhaus blieb nur der Türsturz übrig.
Schauen wir in die Ortschronik des Oberlehrers Friedrich Schick, so kommen Zweifel über die Altersbestimmung des Schömberger Pfarrhauses auf. War das alte Pfarrhaus wirklich nur 200 Jahre alt?
Im Kapitel: Erbauung und Reparation eines neuen Pfarrhauses zu Schömberg von 1767 -1774 der Ortschronik erfahren wir, dass unser „altes“ Pfarrhaus kein kompletter Neubau war. Es wurde bis auf die Grundmauern aus Buntsandstein abgebrochen und danach mit Balken aus den heimischen Wäldern des Kirchspiels wieder in Fachwerkbauweise errichtet.
Der Sockel aus Buntsandstein,das Erdgeschoss und das Kellergeschoss mit einem gewölbten Kellerraum auf der Westseite stammten beim Abriss 1967 folglich vom Vorgängerbau von 1680.


Erdgeschoss des Pfarrhauses

Auch dieses Pfarrhaus hatte schon einen Vorgängerbau. Darüber erfahren wir zum ersten Mal etwas durch eine Eingabe des Pfarrers Meylin im Jahre 1604.
Ein Pfarrhaus in Schömberg muss also schon im 16. Jahrhundert bestanden haben.
1765 bittet Pfarrer David Beerstecher beim zuständigen herzoglichen Vogt zu Liebenzell darum, das Pfarrhaus zu reparieren. „Pfarrer daselbst, Magister David Beerstecher zu Schömberg bittet am 30. August dasiges in sehr elenden Umständen sich befindliches und zu besserer Bewegung seiner numerosen Familie das Pfarrhaus zu reparieren.“
Die Vorgänge bis zur für Pfarrer Beerstecher zufriedenstellenden Errichtung und Reparation des Pfarrhauses Ende des 18.Jh. sind vom Chronisten genau dokumentiert. Die sieben Jahre dauernden Bau- und Reparaturarbeiten gingen nicht ohne Streitigkeiten zwischen Pfarrer,dem herzoglichen Vogt als Vertreter des Landes- und Bauherrn, den Schultheißen der zum Kirchspiel Schömberg gehörenden Dörfern und den Bauern ab. Von einigen Bauern wurde die Notwendigkeit eines fast kompletten Neubaus in Frage gestellt. Sie mussten nämlich in Fronarbeit die Baumstämme für das Fachwerk heranschaffen.
Besonders strittig war die Ausführung des Daches. Pfarrer Beerstecher mahnte jahrelang seine Ausbesserung an, da es nicht dicht sei und Schnee und Regen eindrängen. Ihm wurde empfohlen die Dachgauben zu schließen.
Da er nicht locker ließ und immer wieder Bittschriften an das herzogliche Amt richtete und sogar öffentlich auf die Nichtbeachtung seiner Eingaben aufmerksam machte, wurde er als Querulant gerügt.Das bedeutete, dass er vom Dorfrichter für seine Verhaltensweise ermahnt wurde.
Oberamtmann und Geistlicher Verwalter aus Liebenzell, Christian Friedrich Kostenbader,verschaffte sich ohne Wissen und Anwesenheit des Pfarrers Zugang ins Schömberger Pfarrhaus, um selbst nachzuprüfen, ob die Beanstandungen des Pfarrers ihre Berechtigung haben.Sein Urteil fiel zu Ungunsten des Pfarrhausbewohners aus.Er war sogar der Meinung, dass der Haushalt des Pfarrers nicht ordentlich geführt würde.
Erst nachdem 1772 der Oberamtmann Rümelin aus Neuenbürg als unabhängiger Gutachter die „Beschaffenheit des Dachs an dem Schömberger Pfarrhaus“ in Augenschein genommen hatte, wurde es von einem ortsfremden Handwerker fachmännisch und zur Zufriedenheit und späten Genugtuung des Pfarrers abgedichtet.
Damit war die Erbauung und Reparation eines neuen Pfarrhauses zu Schömberg 1774 abgeschlossen.
Zum Wohnhaus und Amtssitz des Pfarrers gehörten noch weitere Gebäude, nämlich eine Holz-Remise und eine Scheuer. Sie sind auf dem geometrischen Handriss des Oberamts-Geometers von 1870 auf zwei Grundstücken am damaligen Ortsweg N° 1 südlich des Pfarrhauses noch vorhanden.

Geometrischer Handriss von 1870

Doch die Zeiten in denen der Ortsgeistliche von den Bauern den „Kleinen Zehnten“ bezog und er die Scheuer zum Einlagern der landwirtschaftlichen Produkte (z. B: Kraut, Grumbiere, Flachs) benötigte waren 1870 längst vorbei.
Der Kauf des Gasthauses Hirsch am Beginn der Talstraße durch Hugo Römpler 1888 markiert den Anfang der Entwicklung Schömbergs zum Luftkurort.
In der Nähe des Pfarrhauses wurde als 3. Sanatorium 1900 die Dr. Herrlinger´sche Anstalt errichtet, das spätere Sanatorium Schwarzwaldheim. Es war nach dem 2.Welkrieg im Besitz der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. Aus den Gemeinderatsprotokollen geht hervor, dass die BfA bereits in den 1950-er Jahren ihr Interesse am Pfarrhausgrundstück und dem alten Friedhof bekundete.
Bürgermeister Brenner war darüber froh, dass die BfA die Möglichkeit hatte „sowohl den Friedhof, als auch das Pfarrhaus-Grundstück käuflich zu erwerben und ihrem Sanatoriumsgelände zuzuschlagen.“

Das Pfarrhaus und auch alle anderen auf dem Sanatoriumsgelände befindlichen Baulichkeiten wurden abgerissen. Ein annähernd 6-stockiger Sanatoriumsbau konnte geplant werden.

Das Pfarrhaus war wie von der BfA gewünscht und vom Gemeinderat befürwortet aus der Ortsmitte Schömbergs 1967 „verschwunden“.

Quellen:
Ortschronik Friedrich Schick; homepage Wolfgang Obert: www.hp.heimat-schoemberg.de
Bild1: Foto aus dem Nachlass von Pfarrer Robert Killguss
Bild 2 und 3: Hochbauamt Calw; von Dr. Bernd Brandl zur Verfügung gestellt
Gemeinderatsprotokolle vom 05.04. 1963 und vom 21.01.1966

weitere Bilder vom Pfarrhaus: Hauptstraße -von unten- ......-von oben-
Dieser Bericht erschien am 15. Nov. 2013 im Bürgerfreund